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        Spätestens seit „The Big Bang Theory“ ist wohl fast jede:r schon einmal mit dem Begriff „Nerd“ in Berührung gekommen. Doch was ist ein Nerd eigentlich genau? Im Duden lautet die Definition für Nerd: „jemand, der für ein spezielles Fachgebiet besonders großes Interesse zeigt und viel Zeit damit verbringt.“ Häufig werden dem Nerd allerdings noch weitere, eher negative Eigenschaften zugeschrieben. Doch das ändert sich zunehmend.

        Weiblicher Nerd sitzt vor einer Tastatur und betrachtet verschiedene Informationen in Hologramansicht

        Nerds: intelligent, aber sozial inkompetent

        Der Begriff „Nerd“ wurde in den 1960er Jahren zunächst im anglo-amerikanischen Sprachraum populär. Wie er damals wahrgenommen wurde, wies ein Nerd laut Definition im Wesentlichen zwei Eigenschaften auf:

        1. Hohe Intelligenz und starkes Interesse an technischen und naturwissenschaftlichen Themen
        2. Soziale Inkompetenz und Unbeliebtheit, was ihn formal auch vom „Geek“ unterscheidet

        Auch optisch gab es typische Nerd-Merkmale, die man bis heute erkennt; allen voran die dicke Nerd-Brille. Meistens werden Nerds zudem eher schmächtig und blass dargestellt – schließlich sitzen sie die ganze Zeit in abgedunkelten Kellerräumen vor dem Computer, so das Klischee.

        Neben der Begeisterung für Wissenschaft und Technik sowie IT-Themen zeichnet den Nerd auch ein großes Interesse für Science-Fiction und Fantasy-Inhalte aus.

        Was bedeutet Nerd? Begriffsherkunft und Geschichte

        Woher der Begriff Nerd stammt, ist unklar. Erstmals tauchte er 1950 in einem Gedicht von Dr. Seuss, einem bekannten US-amerikanischen Kinderbuchautor („How The Grinch Stole Christmas“) auf. In „If I ran the zoo“ ist der Nerd Bewohner eines imaginären Zoos. Das Gedicht hat dadaistische Züge, da es mit Nonsens-Wörtern spielt – darunter auch das Wort „Nerd“. Mit der heutigen Bedeutung eines technikbegeisterten Einzelgängers hat der Nerd bei Dr. Seuss aber nichts zu tun.

        Einen weiteren Hinweis auf die Begriffsherkunft gibt das Wort „drunk“, also englisch für „betrunken“. Rückwärts gelesen lautet es „knurd“ – lautsprachlich identisch mit „nerd“. Der „Nerd“ gilt als das Gegenteil von „drunk“, da er Partys fernbleibt und lieber allein seine Zeit mit technischen Devices verbringt, mathematische Probleme löst, sich mit naturwissenschaftlichen Fragen befasst und häufig in einer Fantasiewelt lebt.

        Im weiteren Sinne ist ein Nerd jedoch einfach eine Person, die sich sehr intensiv mit einem bestimmten Thema befasst – ganz egal welcher Art. Bei dieser Beschäftigung vergisst die Person alles andere und wirkt daher unzugänglich für ihre Mitmenschen. Das wiederum erklärt gewissermaßen das Außenseitertum, das typischerweise mit dem Begriff verbunden wird.

        Der Nerd: immer noch weiß und männlich?

        Denkt man an einen Nerd, so entsteht vor dem inneren Auge immer noch das Bild eines weißen jungen Mannes, der im abgedunkelten Raum vor dem PC sitzt. Zwar kommt das Klischee nicht von ungefähr. Jedoch lohnt sich jedoch ein Blick auf die konkreten Einflussfaktoren, die dieses Bild des Nerds ursprünglich zeichneten.

        The Beauty and the Nerd

        TV-Shows wie „The Beauty and the Nerd“ (ProSieben) verstärken dieses Klischee noch weiter, dass es sich dabei grundsätzlich um Männer handele. Während in der ersten Staffel (2013) die Nerds noch ausschließlich männliche Einzelgänger mit hoher Affinität zu Computern waren und die Beautys junge Frauen mit großem Interesse an Mode und Kosmetik, wurde ab der zweiten Staffel (2020) genderneutral gecastet: Auch Frauen konnten demnach „Nerd“ und auch Männer „Beauty“ sein. Dennoch gibt es auch in der aktuellen Staffel (2021) nur ein Kandidatenpaar, bei dem die ursprünglichen Rollen vertauscht sind.

        Sexismus im Silicon Valley

        In dem vielbeachteten Buch „Brotopia: Breaking up the Boys’ Club of Silicon Valley” (2018) berichtet die Journalistin Emily Chang über den Sexismus im vermeintlich so liberalen und aufgeschlossenen Silicon Valley. Sie zeigt, neben handfesten Sexismus-Vorfällen bei den Tech-Giganten, die Gründe auf, warum Programmieren und IT bis heute eine Männerdomäne sind – obwohl Coding in den Anfängen der 1960er Jahre hauptsächlich von Frauen betrieben wurde.

        Denn als die Computerindustrie wuchs und damit der Bedarf an Arbeitskräften stieg, optimierten die Wissenschaftler William Cannon und Dallis Perry den Bewerbungsprozess, indem sie ein Persönlichkeitsprofil erstellten. Dieses beinhaltete vor allem, dass Programmierer Einzelgänger sein müssten und prägten so maßgeblich das Bild vom antisozialen Nerd. Einzelgängertum und antisoziale Persönlichkeitsmerkmale finden sich bei jungen Männern deutlich häufiger als bei Frauen – aus diesem Grund wurde die Branche immer stärker männerdominiert. Und dieses Bild hält sich bis heute hartnäckig.

        Die weitverbreiteten Klischeevorstellungen und die präsenten Role-Models halten Mädchen und Frauen noch immer davon ab, Tech-Berufe zu ergreifen und sogenannte MINT-Fächer zu studieren. Dies zeigte beispielsweise der Soziologe Yves Jeanrenaud in einer Studie.

        Nerds erobern die Popkultur

        Doch gerade in der Popkultur scheint sich etwas zu tun, wenn auch langsam: Zunehmend erobern weibliche Nerds den Bildschirm. Prägend für den Nerd und seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sind insbesondere US-amerikanische (Comedy-)Serien. Alle dort auftretenden Nerds verbindet ihre hohe Intelligenz, mit der sie ihren Mitmenschen oft auf die Nerven gehen. Das Spektrum reicht

        • von „schlicht und einfach besserwisserisch“ (Sheldon Cooper)
        • über „sozial inkompetent und nervig“ (Steve Urkel)
        • bis hin zu „unbequem mit einer Mission“ (Lisa Simpson, Felicity Smoak).

        Häufig leiden sie unter psychischen Krankheiten oder sind zumindest auffällig, wie auch die folgenden Nerd-Beispiele zeigen. So hat Sheldon Cooper das Asperger-Syndrom, Lisa Simpson leidet immer wieder unter depressiven Episoden.

        Sheldon Cooper: Der typische Nerd

        Der Inbegriff eines Nerds und das aktuell wohl bekannteste Exemplar dieser Gattung ist Sheldon Cooper aus der Serie „Big Bang Theory“. Er ist sehr unbeholfen im Umgang mit anderen Menschen, beharrt auf seinem Recht, rückt von seinen Gewohnheiten nicht ab und versteht weder Witze noch Sarkasmus. Andererseits liegt sein IQ bei 187, er ist theoretischer Physiker am California Institute of Technology und besitzt ein fotografisches Gedächtnis. Mit seiner intellektuellen Überlegenheit hält er nicht hinter dem Berg: Auf Fehler und Irrtümer weist er seine Mitmenschen unerbittlich hin – was nicht gerade zu seiner Beliebtheit beiträgt.

        Steve Urkel: So uncool, dass er schon wieder cool ist

        Bereits in den 1990er Jahren eroberte ein amerikanischer Serien-Nerd die Herzen des Publikums: Steve Urkel aus „Alle unter einem Dach“. Auf den ersten Blick erkennt man ihn vor allen Dingen an seiner dicken Brille. Dazu kommen seine absolut unmodernen Klamotten gepaart mit Tollpatschigkeit. Im Gegensatz zum idealtypischen Nerd wünscht sich Steve Urkel menschlichen Kontakt und will seine sozialen Kompetenzen schulen. Daher besucht er ständig unangemeldet seine Nachbarn, denen er mit seinem verrückten Verhalten auf die Nerven geht.

        Typisch Nerd bedeutet in diesem Fall: Er ist hochintelligent, spricht mehrere Sprachen fließend und ist ein wandelndes Lexikon. In späteren Folgen baut er sich eine Transformationsmaschine, mit deren Hilfe er sich in den coolen Stefan Urquelle verwandeln kann – so hofft er, die Liebe der von ihm verehrten Laura zu gewinnen.

        Felicity Smoak: Nerd auf Verbrecherjagd

        Auch Felicity Smoak, ein Hauptcharakter der Serie „Arrow”, ist ein Nerd. Sie interessiert sich seit ihrer Kindheit für Computer, studiert am M.I.T. und wird Hackerin, bevor sie IT-Expertin und CEO bei Palmer Technologies wird. Felicity ist zwar hochintelligent und, wenn man so will, ein Computerfreak, jedoch nicht sozial oder psychisch auffällig. Dafür führt sie ein geheimes Superheldinnen-Leben, in dem sie Oliver Queen bei der Jagd nach Verbrechern unterstützt und dafür ihre IT-Fähigkeiten benutzt, um Bösewichte aufzuspüren.

        Lisa Simpson: Hochintelligent und moralisch überlegen

        Seit den späten 1980er Jahren bereichert Lisa Simpson die Serie „The Simpsons“ mit ihren klugen Anmerkungen und ihrem Intellekt. Die kleine Schwester von Bart Simpson ist das intelligenteste Familienmitglied. Zwar gehört zwar nicht zu den typischen Computer-Nerds, hat jedoch einige Außenseiter-Hobbys, in denen sie es zu Höchstleistungen bringt. So spielt sie zum Beispiel Saxophon und interessiert sich sehr für Musik wie auch für Geistes- und Naturwissenschaften.

        Lisa setzt hohe moralische Maßstäbe, ist politisch progressiv eingestellt und engagiert sich für Freiheits- und Menschenrechte. Im Laufe der Serie wird sie Vegetarierin und auch Buddhistin. Ihre hohen ethisch-moralischen Ansprüche kontrastieren immer wieder mit den realen Umständen, was zeitweise Depressionen bei Lisa auslöst.

        Alex Dunphy: Das intelligenteste Mitglied der Familie

        Alex Dunphy ist die mittlere Tochter von Claire und Phil Dunphy aus der Serie „Modern Family“ und bezeichnet sich selbst als „Nerd“ – unschwer zu erkennen an der obligatorischen Nerd-Brille und ihrer Vorliebe für das Cello. Alex ist das intelligenteste Mitglied der Familie und nutzt ihre Klugheit oft, um ihre Geschwister auf den Arm zu nehmen. Sie verbringt jedoch ausgesprochen gern Zeit mit ihrer Familie, verhält allerdings ihren Mitschüler:innen gegenüber unsicher und schüchtern.

        Richard Hendricks: Start-up-Gründer mit Hindernissen

        In der Serie „Silicon Valley“ bekommt der IT-Spezialist Richard Hendriks die Chance, sein eigenes Start-up zu gründen. Der hochintelligente Softwareentwickler hat in seiner Freizeit einen Kompressionsalgorithmus entwickelt, der die Grundlage seines Unternehmens Pied Piper bildet. Richard ist schüchtern und nervös, was es für ihn häufig schwierig macht, sicher und entschlossen aufzutreten. Die Serie dreht sich um die Intrigen und Sabotage-Versuche, denen Richard und sein Team mit ihrem Start-up ausgesetzt sind.

        Nerd: Übersetzungen und Verwendung, vom Schimpfwort zum Kompliment

        Während der Begriff „Nerd“ zu Beginn eher eine abwertende Bedeutung hatte, wird er heute fast liebevoll verwendet. Besonders in den letzten fünf bis zehn Jahren hat er eine positive Umdeutung erfahren.

        Der Einfluss von Sitcoms

        Zu Beginn der Begriffshistorie war der Nerd das Gegenteil eines gutaussehenden und sportlichen Highschool-Schülers, der beim anderen Geschlecht beliebt und erfolgreich war: nämlich ein unattraktiver und sozial isolierter Computerfreak ohne Freund:innen. Heute hingegen bezeichnen viele sich selbst als „Nerd“ und sehen den Begriff keineswegs als Schimpfwort an.

        Im Deutschen kam die Bezeichnung noch in den 1990ern an. Damals waren gängige „Nerd-Synonyme“ Begriffe wie

        • „Streber“,
        • „Trottel“ oder
        • „Dummkopf“.

        Die deutschen Wörter können jedoch den ganzen Umfang des Begriffes nicht erfassen, der sich ja in der Quintessenz einerseits aus dem Einzelgängertum und andererseits aus dem Enthusiasmus für Technik zusammensetzt. Erst ab etwa 2009 wurde der Begriff „Nerd“ in Synchronfassungen US-amerikanischer Filme und Serien nicht mehr übersetzt, wie der Germanist Andreas Osterroth analysiert. Er kommt zu dem Schluss, dass insbesondere US-amerikanische Comedy-Serien und die Präsenz der „Nerds“ darin zu der positiven Umdeutung des Begriffs beigetragen haben.

        Nichtsdestotrotz ist die Wahrnehmung als positiv beziehungsweise negativ nach wie vor stark vom Kontext abhängig. So kann „Nerd“ sowohl als Bezeichnung für großes Fachwissen in einem bestimmten Bereich als auch für die schon mehrfach angeführte soziale Inkompetenz dienen.

        Erfolgreiche Nerds

        Auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen dürften jedoch dazu beigetragen haben, dass der Begriff „Nerd“ zunehmend positiv konnotiert ist. Denn die Fähigkeiten und Kompetenzen, die man mit ihnen typischerweise verbindet, werden immer wichtiger und sind zunehmend gefragt, wie zum Beispiel:

        • Programmieren in verschiedenen Programmiersprachen,
        • tiefgreifendes Verständnis für Computer und IT-Technologien,
        • Fachwissen zu naturwissenschaftlichen Themengebieten sowie
        • die Bereitschaft und der Wunsch, sich intensiv und forschend mit diesen auseinanderzusetzen.

        So taucht der Name Mark Zuckerberg häufig in Kombination mit der Bezeichnung Nerd oder Supernerd auf. Man mag von Facebook und seinen jüngsten Datenskandalen halten, was man will. Fakt ist trotzdem, dass das Soziale Netzwerk die Entwicklung des Internets, wie wir es heute kennen, maßgeblich geprägt hat. Auch hat es Mark Zuckerberg zum jüngsten Selfmade-Milliardär aller Zeiten gemacht.

        Auch Microsoft-Gründer Bill Gates wird vielfach als Nerd bezeichnet. Er ist eine prägende Figur beim Siegeszug des Computers und ebenfalls einer der reichsten Menschen der Welt.

        Apple-Gründer Steve Jobs galt ebenfalls als Nerd. Das von ihm entwickelte iPhone gilt als disruptive Innovation, die Märkte umkrempelte, viele weitere digitale Neuerungen erst ermöglichte und unser aller Leben verändert hat.

        Stolz, ein Nerd zu sein!

        Im allgemeinen Sprachgebrauch ist „Nerd“ inzwischen kein Schimpfwort mehr. Vermeintlich fehlende soziale Kompetenzen spielen bei dieser Bezeichnung eine immer geringere Rolle und müssen auch längst nicht mehr zutreffend sein. Vielmehr bezeichnen sich intelligente und technikbegeisterte Menschen heute oft gern selbst als „Nerds“. Zum einen, weil sie wissen, was sie intellektuell vorweisen können, zum anderen, weil sie stolz darauf sind.

         

        (Bildquelle: © metamorworksAdobe Stock)