Nerds und Geeks – wo ist der Unterschied?
Auf den ersten Blick haben Nerds und Geeks viele Gemeinsamkeiten: Sie interessieren sich meist obsessiv für ein sehr spezielles Nischenthema und ordnen der Beschäftigung damit (fast) alles unter. Meistens sind sowohl Nerds als auch Geeks technikbegeisterte Menschen, die sich für Naturwissenschaften interessieren und einen hohen Intelligenzquotienten haben. Von „normalen“ Menschen werden sie häufig kritisch beäugt und stoßen mit ihrer Leidenschaft auf Unverständnis. Doch trotz der Gemeinsamkeiten gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen Nerds und Geeks.
Nerds und Geeks: Vom Außenseiter zum Vorreiter
So viel vorweg: Sowohl Nerds als auch Geeks können ihre Bezeichnung heute mit Stolz vor sich hertragen. Denn ihre Skills werden sowohl für Unternehmen als auch für die Gesamtgesellschaft immer wichtiger. Und auch sie selbst profitieren von ihren Fähigkeiten: Nicht umsonst heißt es „Nerdy Skills Pay The Bills“. Eine Definition von Nerd lautet zudem „Vier Buchstaben mit einem sechsstelligen Jahreseinkommen.“
Normalos: Bloß nicht überheblich werden
Sowohl Nerds als auch Geeks werden oft als seltsam oder als Freaks angesehen. Bei Partys stehen sie am Rand und mit den Beziehungen klappt es auch nicht so recht (zumindest bei den Nerds, doch dazu später mehr).
Als Normalo (normal begabt, durchschnittlich intelligent, ohne obsessive Interessen, im Großen und Ganzen unauffällig in Bezug auf Verhalten und äußere Erscheinung) sollte man dennoch nicht dem Trugschluss aufsitzen, Nerds und Geeks wären mit ihrem Nerd- beziehungsweise Geektum unzufrieden. Ganz im Gegenteil: Insgeheim bemitleiden sie die Normalos für ihre Oberflächlichkeit und ihr Unwissen in den Bereichen, in denen sie glänzen. So verstehen die Normalos oft nur Bahnhof, wenn Nerds und Geeks mit Fachbegriffen aus den Bereichen IT, Physik, Mathematik, Chemie, Star Wars oder Herr der Ringe um sich werfen.
Der Vergleich: Geek vs. Nerd
Doch genug der Gemeinsamkeiten. Wenn es mit „Nerd“ und „Geek“ zwei verschiedene Bezeichnungen gibt, dann gibt es wohl auch Unterschiede zwischen Nerds und Geeks. Im Folgenden vergleichen wir Nerds und Geeks in Bezug auf
- Begriffsherkunft und Bedeutungswandel
- Interessen
- Sozial- und Beziehungsverhalten
- Arbeitsplatz und Berufsleben
- Kommunikationsverhalten
- äußeres Erscheinungsbild
Am Anfang war das Wort: Was bedeutet Geek, was bedeutet Nerd?
Der Begriff „Geek“ ist deutlich älter als der Begriff „Nerd“. So waren Geeks im 19. Jahrhundert in den USA Menschen, die auf Jahrmärkten und im Zirkus absonderliche Vorstellungen aufführten. Unter anderem bissen sie lebendigen Tieren, meist Hühnern, den Kopf ab.
Der „Nerd“ hingegen tauchte erst in den 1950er Jahren in dem Gedicht „If I ran the zoo“ von Dr. Seuss, einem US-amerikanischen Kinderbuchautor auf – „A nerkle, a nerd and a seersucker, too.“ Nur ein Jahr später tauchte der Begriff in Colleges als Bezeichnung für eine „uncoole Person“ auf. Dennoch ist der „Nerd“ im deutschen verbreiteter als der „Geek“.
„Nerd“ und „Geek“ im deutschen Sprachgebrauch
In beiden Fällen hat die heutige Begriffsverwendung nichts mehr mit der ursprünglichen Wortbedeutung zu tun. Während der „Nerd“ im Deutschen seit etwa zehn Jahren – mit der Synchronisierung der US-Sitcom „Big Bang Theory“, die sich um das Leben der Physiker Sheldon Cooper, Leonard Hofstadter und Rajesh Koothrappali dreht – unübersetzt verwendet wird, ist der „Geek“ noch nicht wirklich im deutschen Sprachgebrauch angekommen. Dies ändert sich jedoch zunehmend.
Melioration: Positiver Bedeutungswandel von „Nerd“ und „Geek“
Während der „Nerd“ im englischen grundsätzlich ein abwertender Begriff war und teilweise immer noch ist, gilt der „Geek“ als neutrale Bezeichnung für jemanden, der sich intensiv mit einer bestimmten Sache beschäftigt und sich mit ihr sehr gut auskennt. Beiden haftet jedoch das Image des Außenseiters an, wobei es auch hier zu differenzieren gilt. Grundsätzlich haben sowohl „Nerd“ als auch „Geek“ einen Bedeutungswandel erfahren und werden zunehmend als positive Begriffe wahrgenommen: So bezeichnen sich Angehörige der jeweiligen Gruppen selbst als „Nerd“ beziehungsweise „Geek“. Mehr über die Gründe für die veränderte Wahrnehmung der Begriffe erfahrt ihr in den jeweiligen Artikeln „Was ist ein Nerd“ und „Was ist ein Geek“.
Interessensgebiete: Nerds vs. Geeks
Nerds interessieren sich in erster Linie für alles was mit Technik und Technologie zusammenhängt. Auch Naturwissenschaften gehören zu ihren Interessensgebieten: Mathematik, Informatik, Chemie oder Physik sind ihre Studienfächer. Ihr hoher IQ bringt ihnen große Erfolge auf wissenschaftlichen Gebieten. Dabei interessiert es sie nicht so sehr, was andere über sie denken – entscheidend ist vielmehr ihre intrinsische Motivation. Sie befassen sich aus reinem Interesse mit einer Sache, was späteren beruflichen und finanziellen Erfolg aber keineswegs ausschließt. Ganz im Gegenteil – siehe Bill Gates, Mark Zuckerberg und Steve Jobs. Nerds haben stets das große Ganze im Blick: Zukunftschancen oder wissenschaftliche Forschungsmöglichkeiten beispielsweise. Gleichzeitig sind sie sehr leistungsorientiert, wollen neues Wissen schaffen und vorankommen. Trivialwissen, wie Geeks es sammeln, steht für sie nicht an erster Stelle.
Meist konzentrieren sich Nerds auf Tätigkeiten, bei denen Teamwork eher nicht – zumindest nicht in physischer Präsenz – gefragt ist. Programmieren oder Schachspielen sind demnach typische Nerd-Interessen, in denen er voll aufgeht.
Geeks teilen ihre Interessensgebiete mit den Nerds, haben jedoch auch eine Vorliebe für bestimmte popkulturelle Themen, in erster Linie für Science Fiction, Comics und Anime. Diese Leidenschaft leben sie aus – indem sie beispielsweise kostümiert Kinovorstellungen besuchen oder bis ins Detail Filme wie Zurück in die Zukunft oder Star Wars analysieren. Auch Brettspiele oder die neuesten technischen Gadgets können bei Geeks echte Begeisterung hervorrufen. Geeks haben zudem eine Vorliebe für Details: So fällt ihnen auf, wenn eine Lebenssituation der in einem Film oder einem Roman ähnelt. Sie stehen auf Bezüge und Anspielungen und entdecken diese überall. Und ganz klar: Déjà-vus sind Fehler in der Matrix!
Sozial- und Beziehungsverhalten von Nerds und Geeks: Eigenbrötler vs. Missionar
Nerds gelten als soziale Außenseiter. Die Interessen haben es bereits gezeigt: Nerds sind introvertiert und bleiben lieber für sich. Während Geeks begeistert, ausschweifend – und ja: für Normalos langatmig – über ihr Thema sprechen, kann es dauern, bis ein Nerd Informationen preisgibt.
Nerds gelten auch oft als unbeliebt. Darauf weist auch das Wort „drunk“ hin (englisch für „betrunken“), das rückwärts „knurd“ – lautsprachlich identisch mit „nerd“ heißt. Der „Nerd“ ist demnach das Gegenteil von drunk: Wenn sich auf einer Party alle amüsieren, steht der Nerd entweder am Rand oder ist erst gar nicht dabei. Wenn Nerds überhaupt soziale Kontakte und Beziehungen pflegen, dann nur zu anderen Nerds.
Geeks hingegen können durchaus beliebt sein und sind weniger eigenbrötlerisch veranlagt. Auch sie genießen es zwar, sich mit anderen Geeks über ihr Interessensgebiet auszutauschen und beispielsweise Bücher, Filme oder Computerspiele bis ins Detail zu analysieren. Trotzdem sind sie auch offen für den Kontakt mit so genannten Normalos und erzählen gerne von ihrer Leidenschaft.
Arbeitsplatz und Berufsleben
Sowohl Nerds als auch Geeks haben eine hohe Chance, beruflich erfolgreich zu sein. Denn beide sind sehr intelligent, hochmotiviert und echte Cracks auf ihren jeweiligen Gebieten. Dennoch sind sie meist in unterschiedlichen Berufen zu finden. Das liegt unter anderem an ihren verschiedenen Sozialverhalten, wie sie eben beschrieben wurden. So sind Nerds oft
- Wissenschaftler
- Programmierer
- Ingenieure
- Erfinder
Geeks sind zwar wie Nerds auch oft in IT-Abteilungen zu finden, haben aber auch häufig kreative Berufe wie
- Grafikdesigner
- Webdesigner
- Spieledesigner
oder sie arbeiten in Comic- oder Plattenläden, wo sie ganz in ihren popkulturellen Interessen aufgehen können.
Kommunikationsverhalten: Wie sich Gespräche mit Nerds von Gesprächen mit Geeks unterscheiden
Oben habt ihr bereits erfahren, dass Nerds eher Eigenbrötler sind, Geeks hingegen durchaus den Kontakt mit Normalos oder Nicht-Geeks suchen und sowohl in ihrer Peer-Group als auch mit – oder eher vor – anderen ausschweifend über Indiana Jones, Monkey Island, Star Wars, Zurück in die Zukunft, Spider Man, die Stringtheorie oder Exoplaneten sprechen können. Auch in Gesprächen, die sich ausnahmsweise nicht um ihr Lieblingsthema drehen, lassen sie ständig Anspielungen und Bezüge fallen, da sie bestimmte Filme oder Serien auswendig kennen.
Dabei unterscheiden sich Nerds und Geeks stark in ihrer Ausdrucksweise. Während Nerds häufig kryptische Bezeichnungen, die nur Experten kennen, verwenden, unterhalten sich Geeks durchaus in Normalsprache. Oftmals ist es ihnen aber egal, ob das Gegenüber ihre Interessen teilt und das kann mitunter etwas nervig und angeberisch werden. Erst wenn der Geek genau erklärt hat, wie ein bestimmtes technisches Device funktioniert, wie und zu welchem Zweck es von wem entwickelt wurde und welche Vorteile es hat, darf der Gesprächspartner endlich gehen. Auch wenn ein Nerd sich eventuell für genau die gleiche Sache interessiert, wird es einige Zeit dauern, bis man ihn zum Sprechen bringt – und einen vergleichbaren Redeschwall wird man vermutlich niemals bei ihm auslösen.
Aussehen: So kleiden sich Nerds und Geeks
Vor etwa zehn Jahren avancierte die Nerd-Brille zum absoluten Mode-Accessoire. Waren die Brillen mit dem dicken auffälligen Gestell zuvor ein Zeichen für die körperliche Unzulänglichkeit (Kurzsichtigkeit wegen zu langer Bildschirmzeiten) der Nerds, so zeigten sie nun die Intelligenz des Trägers. Mit dem Einzug in die Modemagazine wurde die Nerd-Brille auch für Geeks tragbar, die sich weit mehr als Nerds über das Äußere definieren. Überhaupt wurden, in etwa gleichzeitig mit der Wendung der Begrifflichkeiten von Nerd und Geek ins Positive, nerdige Karohemden und Hochwasserhosen hip.
Nerd-Brille, Karohemden, bedruckte T-Shirts
Geeks tragen häufig bedruckte T-Shirts, in denen sie auf ihre Leidenschaften verweisen. Popkulturelle Bezüge oder ironische Kommentare zu Themen wie Mathematik oder Naturwissenschaften schmücken ihre Kleidung. So heben sie sich von der Masse ab und tragen ihre Mission nach außen.
Zusammenfassend könnte man sagen: Während dem Nerd sein Äußeres egal ist (er verbringt ja ohnehin die meiste Zeit in Kellerräumen vor dem Computer), will der Geek ein Statement setzen und seine Überzeugungen, Interessen und Leidenschaften nach außen tragen.
Abgesehen von der Kleidung fallen weder Nerds noch Geeks durch sonnengebräunte Muskelpakete auf. Ihr Fokus liegt auf geistiger Arbeit, Tüftelei, Recherche und dem Sammeln von – nützlichen oder unnützen – Fakten über eine bestimmte Sache.
Vorsicht, Hipster!
In der jüngeren Vergangenheit ist neben Nerds und Geeks ein weiterer Typus aufgetaucht, der Geeks und Nerds oft zum Verwechseln ähnlich sieht: Der Hipster. Als Nerd-Brillen, Karo-Hemden und Hosenträger die Fashion-Welt erreichten und Statements auf T-Shirts immer cooler wurden, übernahmen auch die Hipster diesen Style. Aber Vorsicht: Sie meinen es nicht ernst! Während Geeks bedruckte T-Shirts aus Überzeugung tragen, tun es Hipster nur, weil es modern ist. Und sie werden wieder damit aufhören, wenn der Trend abebbt. Kurz gesagt: Geeks meinen es ernst und sind authentisch, Hipster sind ein Fähnlein im Wind: Für ihren Style verleiben sie sich den anderer Gruppen ein, ironisieren ihn und mixen verschiedene Kulturen zusammen. Hipster sollte man daher nicht mit ernsthaften Nerds oder Geeks verwechseln.
Fazit: Wer ist Nerd, wer ist Geek?
So sehr wir uns in diesem Beitrag auch bemüht haben, die Unterschiede zwischen Geeks und Nerds aufzuzeigen: Oftmals wird es nicht gelingen, Personen in die eine oder andere Kategorie zu stecken. Die Definitionen sind lediglich Idealtypen und man wird geekige Nerds finden, die an Universitäten zur Quantentheorie forschen und in ihrer Freizeit in der Star-Wars-Cosplay-Szene unterwegs sind oder exzessiv Jump-and-Run-Spiele spielen.
Ebenso gibt es nerdige Geeks, die als Webdesigner in einer Agentur arbeiten, alle Superman-Comics ab Erscheinungsjahr, die zugehörigen Action-Figuren und Folgen der Serie „Lois and Clark“ im Regal stehen haben und sich selbst das Programmieren beibringen.
Die Grenzen sind, wie immer, fließend. Es gibt nerdige Geeks und geekige Nerds. Das Wichtigste ist aber: Bleibt Euch selbst treu und folgt Euren Leidenschaften – ob es nun Graphic Novels, schwarze Löcher oder Programmieren ist!
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